Diokletian by Alexander Demandt;

Diokletian by Alexander Demandt;

Autor:Alexander Demandt;
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Vor- und Frühgeschichte, Antike
Herausgeber: Verlag C.H. Beck
veröffentlicht: 2022-09-08T00:00:00+00:00


11. Die christliche Deutung

Das über die Christen gekommene Elend verlangte eine Erklärung, einen Ort im religiösen Weltbild. Die Verfolger galten als Teufelsdiener und werden ganz überwiegend in den finstersten Farben gemalt. Was Lactanz und Euseb ihnen an Scheußlichkeiten nachsagen, ist nicht steigerbar. Warum ließ Gott das zu? Euseb greift auf das Sintflutmotiv zurück. Es sei die eigene Schuld der Christen gewesen, daß ihre Streitsucht, ihr Neid, Groll und Haß untereinander Gottes Zorn entflammt habe. All dieses war angeblich in den Psalmen und von Jesus selbst vorausgesagt.[179] Also vollzogen die Verfolger, die «vernunftbegabten Bestien», zwar angestachelt vom Teufel, aber gemäß dem Willen Gottes die gebührende Strafe an den sündigen Christen.[180] Euseb weiß: «Wen Gott liebt, den züchtigt er», wie nach Salomo auch Paulus und Johannes verkünden.[181]

Eine ausführlichere theologische Erklärung für die Christenverfolgung konstruiert Lactanz noch vor dem Toleranzedikt des Galerius 311 in seinem Hauptwerk, den Divinae institutiones, den göttlichen Unterweisungen. Er vertritt wie später in den ‹Todesarten der Verfolger› eine Theodizee, die Lehre von der Gerechtigkeit Gottes auf Erden oder die Rechtfertigung der Güte Gottes angesichts des Bösen und Schlimmen in der Welt. Die Frage nach dem Ursprung der Übel, pothen ta kaka, war schon ein zentrales Thema für Plotin[182] und die Stoiker. An sie erinnert Lactanz durch den Verweis auf Seneca. Nach ihm duldet Gott die Untaten der Schlechten, weil er sie einer Besserung für unwürdig hält, während er die Guten öfter züchtigt, um sie zu bessern, denn er liebt sie. So sorgt Gott für uns, indem er im Zorn über unsere Schlechtigkeit uns Schläge verabreicht.[183]

Für die schuldlos verfolgten Christen gilt das nicht. Sie bedürfen keiner Besserung. Hier bringt der Kirchenvater das Beispiel des Imperators, der Feinde benötigt, um die Tapferkeit seiner Krieger zu erkennen. So errege und ermuntere Gott die Gegner der Christen (excitat adversarios), um ihren Glauben zu prüfen. Außerdem diene ihm der Ruhm der bewunderten Verfolgten zur Vermehrung seines Volkes (dei populus). Das ist propaganda fides. Die Verfolger handeln objektiv im Sinne des göttlichen Heilsplans, subjektiv aus teuflischer Bosheit. Wenn sie dann ein schlimmer Tod als die verdiente Strafe trifft, wird die Gerechtigkeit Gottes offenbar.[184] In den Drangsalen ihrer Zeit erkannten die Christen gewöhnlich die angekündigten «Wehen» der Endzeit vor dem nahen Jüngsten Tag,[185] und so verstand auch Lactanz die Christenverfolgung gemäß der Schrift als Vorzeichen des Weltgerichts, dessen Schrecken er zu einem Finale furioso ausmalte.[186] Somit findet die Verfolgung ihren richtigen theologischen Ort in Gottes Heilsplan.



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